Sommerzeit ist Festivalzeit. Auch in unserem schönen Schleswig-Holstein. Dass diese aber nicht immer zwangsläufig mit lauten Tönen und harten Beats verbunden sein müssen, beweist das Naturgenussfestival auf seine ganz eigene Art. Hier überwiegen die leiseren Töne und im Vordergrund steht unsere schöne Natur.
Das Naturgenussfestival ist damit also kein Festival im eigentlichen Sinne, sondern eher eine alljährlich stattfindende Veranstaltungsreihe der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein, mit dem Ziel, den Naturschutz im nördlichsten Bundesland zu fördern und der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Mit Unterstützung ausgewählter Partner wie z.B. bekannten Gastronomen, Sterneköche und anderen Experten hat die Stiftung auch in diesem Jahr wieder ein umfangreiches und abwechslungsreiches Programm auf die Beine gestellt.
Naturfreunde, aber auch Genussliebhaber können zwischen Mai und September aus einer breiten Palette von weit über 100 Veranstaltungen auswählen, darunter Erlebniswanderungen, Exkursionen, Radtouren aber auch kulinarische Highlights wie Weintastings, Genussmenüs und/oder Gourmetpicknicks.
Die Veranstaltungsorte wechseln, allen gemein ist aber das gemeinsame Ziel: die Schönheit und Vielfalt in der Natur Schleswig-Holsteins erlebbar zu machen, und sie gleichzeitig zu schützen und zu bewahren:
„Im Mittelpunkt steht das Stiftungsland. Das sind die Wilden Weiden, Wilden Wälder und Wilden Moore der Stiftung. Sie sind oft der letzte Zufluchtsort für viele bedrohte Arten wie Zauneidechse, Küchenschelle oder das Braunkehlchen. Die Stiftung erwirbt diese Flächen und verwandelt bisher intensiv bewirtschaftete Äcker und Wiesen wieder in natürliche Lebensräume für heimische Tiere und Pflanzen“ so heißt es hier auf der Internetseite der Stiftung die Stiftung Naturschutz in Schleswig-Holstein. Darunter fallen bekanntere Gegenden wie z.B. die Küstenlandschaft der Geltinger Birk mit ihren Wildpferden, aber auch kleinere und der breiten Öffentlichkeit weniger geläufigere Landstriche wie die für das ökologische Gleichgewicht so wichtigen Moorflächen unter anderem im Dosen- oder Himmelmoor oder aber auch wilde Wälder wie z.B. der wilde Urwald in Stodthagen.
Das Stiftungsland selbst kann natürlich ganzjährig besucht und auch auf eigene Faust erkundet werden, aber im Rahmen des Genussfestivals habt Ihr die Möglichkeiten, dies mit fachkundiger Begleitung zu erleben. Experten zu lauschen, Fragen zu stellen und so einen ganz anderen, viel tieferen Einblick in die sensiblen ökologischen Systeme unseres Landes zu erhalten.
Auch wir waren für Euch im Rahmen des Naturgenussfestivals unterwegs, allerdings nicht im Stiftungsland, sondern in Haithabu auf den Spuren der Wikinger. Genauer gesagt auf den Kräuterspuren, wir haben uns nämlich mitnehmen lassen von der Kräuterexpertin Ulla Hasbach auf eine Reise in die Welt der wilden (Wikinger-) Kräuter. Als Inhaberin einer Staudengärtnerei, dies sich auf Wildkräuter spezialisiert hat, ist Frau Hasbach dabei eine wirkliche Fachfrau auf ihrem Gebiet, und teilt ihr Wissen sehr gerne und mit einer großen Portion Enthusiasmus.
Zunächst aber zum Ort des Geschehens: Das Wikinger Museum Haithabu ist eines der bedeutendsten archäologischen Museen Deutschlands und vielen Schleswig-Holsteiner:innen sicherlich ein Begriff. 2018 ist das historische Gelände sowie das Grenzbauwerk Danewerk von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt worden und vermutlich hat es jede/n Schüler:in des Landes mindestens einmal in Form eines Wandertages hierhergeführt. Hier haben im Frühmittelalter die Wikinger gesiedelt und gehandelt – und noch heute berichten ein Ausstellungshaus sowie sieben rekonstruierte Häuser auf eindrückliche Weise vom Leben in der damaligen Zeit.
„Pflanzen am Wegesrand“ – mit diesen Worten beginnt Ulla Hasbach ihre Ausführungen, und schnell wird klar, worum es geht. Nämlich nicht um Kulturpflanzen, sondern tatsächlich um diejenigen Pflanzen und Kräuter, die damals wie heute (oft relativ unbeachtet) unseren Wegesrand säumen. Der große Vorteil von Wildkräutern: sie sind extrem durchsetzungsfreudig – ihre weite Verbreitung ist Zeugnis dafür – und außerdem Lebensraum für eine Vielzahl an Faltern und anderen Insekten. Vielleicht auch ein Grund, darüber nachzudenken, ab sofort ein kleines Eckchen im Garten für heimische Wildkräuter zu reservieren?
Darüber hinaus werden sie noch heute gerne in der Medizin eingesetzt und sind Bestandteil unzähliger Arzneimittel. Besonders spannend: jede wissenschaftliche Erkenntnis lebt eigentlich damit bzw. dafür, dass sie im nächsten Moment schon wieder obsolet, widerlegt oder einfach weiterentwickelt wird. Die Kräuterkunde hingegen ist heute genauso aktuell wie vor Hunderten von Jahren und erlebt in den letzten Jahren sogar einen regelrechten Aufschwung (Stichwort alternative Medizin).
Aber begeben wir uns doch mal auf Wanderschaft. Was genau wächst denn nun an unseren Wegesrändern bzw. an denen der Wikinger? Und was genau können diese Wildkräuter für uns tun? Hier eine kleine Auswahl:
Das war jetzt eine ganze Menge an Information. Einiges konnten wir tatsächlich selber testen wie z.B. einen Tee aus aus wilden Malven- und Erdbeerblättern, Odermennig, Thymian und Schafgarbe oder dieses aromatisierte Salz mit Beifuß, Thymian und Schafgarbe. Sehr lecker hier auf einem einfachen Butterbrot und getoppt mit ein paar Brennnesselsamen:
Rezept Kräutersalz: 1 Teil Kräuter , 5 Teile Meersalz. Bei den frischen Kräutern die Stiele entfernen und mit dem salz in der Küchenmaschine mit dem Messer möglichst fein schneiden. Auf einem Blech ausbreiten und trocknen lassen. Ergibt in kleine Gläschen abgefüllt übrigens auch ein sehr hübsches & nachhaltiges Mitbringsel!
Und für den Rest heißt es jetzt, auf eigene Faust loszuziehen. Und tatsächlich. Bisher botanisch relativ unbeleckt, begegne ich den Pflanzen am Wegesrand plötzlich mit ganz anderen Augen. Entdecke und staune, was ich bisher lange links liegengelassen habe und werde vor allem auch direkt fündig. Hier die weißen oder blassrosa Köpfe der Schafgarbe, die sich vorwitzig durch Gräser und Stauden schieben, dort die unzähligen sternförmigen und schon leicht verblühten Blüten des Johanniskrauts:
Auf dem schmalen Fußweg zum Wikingerdorf komme ich sogar an einer ganzen Wiese flaumig-weichen Mädesüß vorbei, in dem sich anscheinend auch die Galloways extrem wohlfühlen:
Und selbst den verhassten Brennnesseln begegne ich plötzlich mit anderen Augen und in meiner Küche warten tatsächlich ein paar getrocknete Brennnesselsamen darauf, demnächst als Topping auf’s Butterbrot zu wandern:
Insgesamt eine sehr spannende Materie, in die ich gerne nochmal tiefer eintauchen möchte.
Falls Ihr jetzt auch Blut geleckt habt: auf der Seite der Staudengärtnerei Hasbach könnt Ihr Euch weitere Infos holen oder Euch auch für einen Kräuterkunde-Newsletter eintragen. Oder aber Ihr schaut mal bei Heger & Sammler vorbei. Auch Isabel teilt auf ihrer Seite umfangreiches Kräuterwissen & veranstaltet entsprechende Workshops in Kiel & Umgebung.
Wer sich für das Naturgenussfestival und die dahinterstehende Idee interessiert, der findet hier eine Übersicht über die noch anstehenden Veranstaltungen. Guckt gerne mal rein und informiert Euch über die ausgesprochen wertvolle Arbeit, die der Verein leistet. Naturschutz geht uns schließlich alle an!
Wer den Weg zur Natur findet – findet auch den Weg zu sich selbst.
(Klaus Ender)
Ein sehr wahrer Satz, grade in unserer schnelllebigen Zeit. Und so tut es einfach gut, mal innezuhalten und zu sehen, wie alles verbunden ist. Mit offenen Augen durch die Natur zu streifen, sie so gut, wie wir es eben können zu achten und zu erhalten und offen dafür zu sein, was sie an Schätzen für uns bereithält. Vieles von dem was dort wächst, ist nämlich nicht nur fürs Auge schön!
Ich hoffe, ich konnte Euch hier einen kleinen Einblick in die Kräuterkunde vermitteln. Wichtig: Die hier geteilten Informationen sind dabei lediglich als Anstoß gedacht – und ersetzen bei ernsthaften Beschwerden keinen Arztbesuch!
Habt Ihr bereits Erfahrungen mit Wildkräutern?
Falls ja – teilt sie doch gerne mit uns in den Kommentaren. Wir sind wie immer neugierig und sehr gespannt!
Herzlich willkommen in der Neuen Etage. Die Aussicht hier oben ist top, alles riecht noch ganz frisch und es gibt regelmäßig etwas Neues zu entdecken.