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Vaterstimmung: Vom Glück, spät Papa zu werden.

  • 20. Januar 2019
  • Von Henning
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Vaterstimmung: Vom Glück, spät Papa zu werden.

Seit ich ein Kind habe, lerne ich ständig andere Väter kennen – und bin jedes Mal wieder erstaunt, wie viele Möglichkeiten es gibt, die Vaterrolle für sich zu interpretieren. Um ein paar beispielhafte Einblicke zu geben, werden wir hier in lockerer Folge die Gedanken von Vätern übers Vatersein vorstellen. Weil nicht jeder seine Privatsphäre in der Öffentlichkeit präsentieren möchte, werden die Namen der interviewten Personen geändert. Schließlich geht es darum, offen und ehrlich zu erzählen, wie das mit dem Vatersein so ist. Den Anfang macht Lars aus Preetz.

Moin Lars. Wie viele Kinder hast du?

Wir haben zwei Kinder. Einen siebenjährigen Jungen und ein vierjähriges Mädchen.

Wunschkinder?

Absolut. Ich fand schon immer, dass Kinder zu haben eine tolle Sache ist. Meine Cousins und Cousinen haben ausnahmslos kinderreiche Familien gegründet. Hättest du mich vor 30 Jahren gefragt, hätte ich gesagt, dass ich sechs Kinder haben will. Heute hätte ich eigentlich am liebsten vier. Das würden wir wahrscheinlich auch angehen, wenn ich 15 Jahre jünger wäre – also so jung wie meine Frau Anke. Aber jetzt bin ich 53 und unsere Familienplanung ist mit zwei Kindern abgeschlossen.

Du bist also eher ein später Vater.

Neulich wurde ich im Hort, in dem mein Sohn geht, von einem der anderen Kinder sogar für seinen Opa gehalten. Das lässt einen zwar kurz zusammenzucken, ist aber sonst kein Problem. Für mich war es genau die richtige Entscheidung, spät Vater zu werden. Jetzt kann ich die damit verbundene Anstrengung tatsächlich genießen. Ich glaube nicht, dass mir das mit 30 gelungen wäre.

Warst du bei der Geburt deiner Kinder dabei?

Ich war beide Male im Kreißsaal und habe dabei zwei komplett unterschiedliche Geburten erlebt. Während bei unserer Tochter alles so schnell und unkompliziert ablief, dass ich mich fast nicht mehr daran erinnern kann, war die Geburt unseres Sohnes vor allem für meine Frau ziemlich hart.

Inwiefern?

Ich habe das als sehr mühselige, langwierige und extrem blutige Angelegenheit abgespeichert. Insgesamt hat es drei Tage gedauert, bis unser Sohn endlich auf der Welt war. Die Geburt musste eingeleitet werden. Im Nachhinein haben wir erfahren, dass sich die Nabelschnur um den Hals des Babys gewickelt hatte und es eine Zeit lang auf Messers Schneide stand. Es ist aber zum Glück alles gut ausgegangen.

Was hat diese Situation mit dir gemacht?

Wenn ich daran zurückdenke, sehe ich als erstes meine Frau, wie sie unseren Sohn zum ersten Mal im Arm hält und trotz all der Quälerei ganz sanft zu ihm sagt „Da bist du ja!“. Ich war natürlich glücklich. Und ich habe sie sehr dafür bewundert, wie sie das alles durchgestanden hat.

Und du?

Als alles gut überstanden war, wollte ich mich wie selbstverständlich von Frau und Kind verabschieden und schön mit den Jungs ein paar Bierchen zischen. Aber Anke hat nur gesagt: „Nix da, du bleibst hier!“ Da wurde mir zum ersten Mal bewusst, dass sich mein Leben von jetzt an wohl grundlegend ändern wird.

Und hat es das?

Allerdings. Von diesem Moment an war ich Vater. Das heißt: Mein Leben – das war nicht mehr nur ich und vielleicht noch meine Partnerin. Jetzt war da auch ein Kind. Mein Kind. Mittlerweile sind es zwei – und die sind seit ihrem ersten Atemzug immer da, sind immer präsent und stehen immer an erster Stelle.

Wie war dein Leben vorher?

Ich hatte ein sehr freies Leben ohne große Struktur geführt. Ich hatte einen Job, bei dem ich zeitlich total flexibel war. Wenn ich Lust hatte, konnte ich jeden Abend ausgehen und Leute treffen, Bier trinken und morgens dann ausschlafen. Ich konnte auch tagelang Bücher lesen oder Filme gucken ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen.

Und heute?

Komplett anders, aber ich vermisse überhaupt nichts. Um das klarzustellen: Wenn ich sage, ich hatte früher ein freies Leben, dann heißt das nicht, dass ich mich heute unfrei fühle. Mein heutiges Leben hat nur mit meinem früheren Leben fast nichts mehr gemein. Jetzt trage ich Verantwortung.

Wie äußert sich das im Alltag?

Ich habe zum Beispiel mein lockeres Berufsleben gegen einen sicheren Job getauscht. Ich lege Geld zurück, damit meine Frau und meine Kinder versorgt sind, wenn mir etwas zustoßen sollte. Ich trage beim Fahrradfahren Helm und Sicherheitsweste und mache mir generell viel intensiver Gedanken über Sicherheit und über den Tod. Früher war mir das egal.

Du denkst an den Tod?

Ziemlich häufig sogar. Und ich habe Angst davor. Das liegt sicher auch daran, dass ich keine 30 mehr bin und dass ich meine Kinder in einem anderen Licht sehe als ein jüngerer Vater. Ich werde vieles nicht mehr erleben, was sie in ihrem Leben machen. Ich bin über 50 und hatte bisher nicht gerade den gesündesten Lebenswandel. Sagen wir mal, wenn’s richtig gut läuft, halte ich noch 25 bis 30 Jahre durch. Es wäre schön, wenn ich noch Opa werden könnte – und nicht nur für einen gehalten werde.

Hast du erwartet, dass Vatersein so ist, wie du es jetzt erlebst?

Ich hätte mir nicht mal ansatzweise vorstellen können, wie erschöpft man als Vater sein kann. Kinder zu haben kann so unglaublich anstrengend und nervig sein. Und ich will mir gar nicht ausmalen, was da mit der Pubertät noch alles auf uns zukommt. Trotzdem habe ich wirklich nie auch nur eine Millisekunde lang den Gedanken gehabt: Ach, ohne Kinder wär’s gerade auch ganz schön. Niemals. Im Gegenteil. Ich sitze jeden Abend da und bin so grenzenlos dankbar.

Was für ein Typ Vater bist du?

Für mich ist das Wichtigste, dass unsere Kinder spüren, dass wir sie lieben. Gleichzeitig gibt’s natürlich Regeln, die wir auch durchsetzen. Ich muss allerdings zugeben, dass meine Frau die Konsequentere von uns beiden ist. Sie bringt die Struktur in unser Leben und sie ist auch die Mutigere. Wenn’s nach mir ginge, würde ich meine Kinder den ganzen Tag lang nicht aus den Augen lassen und sie vor allem beschützen. In vielen Situationen bin selbst überrascht, wie ängstlich ich bin. Dann denke ich: Verdammt, das musst du unbedingt abstellen!

Erkennst du dich in deinen Kindern wieder?

Manchmal. Ich bilde mir ein, viel von mir in meinen Sohn zu erkennen. Andererseits hat er auch viel von seiner Mutter. Die ist im Gegensatz zu mir sehr perfektionistisch und will alles immer hundertprozentig genau und gut machen. Ich befürchte, dass mein Sohn das auch mitbekommen hat. Wenn ich sehe, welchen Druck er sich schon jetzt bisweilen in der Schule macht, geht mir das nah.

Unternimmst du etwas dagegen?

Ich versuche es und vermittle ihm immer wieder, dass Leistung nicht die Hauptrolle im Leben spielt. Aber ich glaube, wenn es um die grundlegenden Persönlichkeitsstrukturen der Kinder geht, stößt man einfach irgendwann an die Grenzen der Erziehung.

Zum Schluss: Deine drei Tipps für zukünftige Väter?

Mein erster Rat: Tu soviel wie möglich von dem, was du in deinem Leben tun willst und was für dich persönlich wichtig ist, bevor du Kinder bekommst. Zweitens: Lerne möglichst viele Menschen kennen, die dich interessieren. Später wird ein Großteil deiner sozialen Kontakte aus anderen Eltern bestehen. Und drittens: Lerne unbedingt mehr als eine Frau kennen, bevor du dich entscheidest, Vater zu werden. Meiner Erfahrung nach verliert eine Beziehung mit Kindern deutlich an Romantik. Dann ist es wichtig, dass man den Menschen, mit dem man sein Leben verbringt, auch wegen seiner anderen Eigenschaften toll findet.

Henning

Ich bin Henning, studierter Anglist und freiberuflicher Texter. Ich lebe in Kiel, bin Ehemann von Anne, Vater von Moritz und Herrchen von Victor. Ich mag Listen, hasse Chaos und kann am besten entspannen, wenn das Meer rauscht, der Wind weht und die Leute nicht so viele Worte verschwenden.

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