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Spurensuche & Ausflugstipps zur deutsch-dänischen Geschichte

  • 11. April 2021
  • Von Imke
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Spurensuche & Ausflugstipps zur deutsch-dänischen Geschichte

Nach ein paar Jahren in Flensburg sind wir Anfang des Jahres nach Harrislee gezogen – noch näher an die Grenze zu Dänemark. Auch wenn mein Dänisch noch zu wünschen übriglässt, sehe ich mich aber ohnehin eher in der Region Südschleswig als in Flensburg/Harrislee zuhause. Ich bin im deutschen und im dänischen Kajakverein, einige unserer Freunde gehören zur dänischen Minderheit und unser Spaziergangsrevier stört sich in normalen Zeiten ohnehin nicht an Grenzverläufen. Wir haben sogar einen Dannebrog – die dänische Flagge – in der Schublade. Den haben wir zum Königinnenbesuch 2019 als Gruß aus dem Fenster gehängt.

Als das Schiff der dänischen Königin 2019 in Flensburg anlegte, waren wir mit dem Flensborg Roklub, unserem dänischen Kajakverein,  zur Begrüßung auch auf dem Wasser – natürlich mit Dannebrog am Paddel.

Dass Dänemark in Flensburg generell so präsent ist, liegt nicht nur an der Grenznähe und der Vorliebe vieler Dänen, in Flensburg shoppen zu gehen. In erster Linie liegt es an der gemeinsamen Geschichte der beiden Nationen. Und die war lange Zeit alles andere als harmonisch und ist dazu ziemlich kompliziert. Die beiden entscheidenden Ereignisse der Auseinandersetzungen sind die deutsch-dänischen Kriege mit den entscheidenden Schlachten 1850 und 1864 und die Grenzabstimmung von 1920. Zankapfel ist dabei immer wieder der Landesteil Schleswig, den beiden Seiten gern für sich hätten.

An zahlreichen Orten in Schleswig-Holstein lassen sich Spuren dieser gemeinsamen Geschichte finden. Ein paar möchte ich euch vorstellen – sozusagen als Ausflugstipps in die Vergangenheit.

Mein persönliches Lieblings“denkmal“ der deutsch-dänischen Geschichte hat einen ausgesprochen ausladenden Po, guckt hochschnäuzig in die Gegend und sitzt auf einem Sockel auf dem Alten Friedhof in Flensburg. Der Idstedt-Löwe ist für mich einfach DAS Symbol für das Hin und Her zwischen Deutschland und Dänemark, denn er musste in den vergangenen über 150 Jahren nicht nur einige Reisen auf sich nehmen, er wurde auch immer wieder in seiner Aussage „umgewidmet“.

Auf diesem Po lässt sich auch eine etwas verworrene Geschichte aussitzen.

1850 besiegte die dänische Armee im Zuge der deutsch-dänischen Kriege die preußischen Soldaten bei der entscheidenden Schlacht bei Idstedt. Genau zwölf Jahre später wurde die bronzene Großkatze erstmals auf den alten Friedhof in Flensburg gesetzt. Als Siegessymbol der Dänen, Blick nach Süden, zur Eider – der aus dänischer Sicht anvisierte Grenzfluss. Im zweiten großen deutsch-dänischen Krieg 1864 lag der Sieg dann auf der anderen Seite: Preußen und Österreich besiegten das dänische Heer bei der Schlacht an den Düppeler Schanzen. Schleswig und Holstein wurden später preußisch und der Löwe als Siegestrophäe nach Berlin verfrachtet. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges transportierten die Amerikaner ihn zurück zu seinen ersten „Eigentümern“ nach Kopenhagen. Nach etlichem politischen Hin und Her kam der Idstedt-Löwe 2011 wieder zurück auf den alten Friedhof nach Flensburg. Da darf er nun hoffentlich sitzen bleiben – als Symbol der deutsch-dänischen Freundschaft. Ich finde ja, er guckt auch ein bisschen genervt. Verübeln kann ich es ihm angesichts dieser Odyssee nicht.

Etwas genervt guckt er schon, oder?

Vom Idstedt-Löwen ist es gedanklich nicht weit bis Idstedt, einem kleinen Ort in Südangeln. Hier findet 1850 eine der entscheidenden Schlachten zwischen Dänen und Preußen statt. An einem nebligen Tag treffen sie aufeinander – mit schwerem Geschütz, zu Fuß oder auf dem Pferd, auf dem Schlachtfeld das Blau-Weiß-Rot der Schleswig-Holsteiner und der Dannebrog. Dokumentiert wird das Geschehen in der Idstedt-Gedächtnishalle, einem kleinen, eher unscheinbaren Museum, in dem aber jede Menge deutsch-dänische Geschichte steckt. Wir haben es im vergangenen Sommer auf einer Radtour von Flensburg nach Schleswig entdeckt und hätten es erst fast übersehen.

Wenn ihr Adelsgeschichten mögt und euch für Schlösser begeistert, solltet ihr für eine Reise in die deutsch-dänische Vergangenheit unbedingt auch einen Ausflug nach Glücksburg einplanen – absolutes Muss für alle Freunde, die uns besuchen kommen. Schloss Glücksburg, ein hübsches Wasserschloss aus dem 16. Jahrhundert, gilt als „Wiege der europäischen Königshäuser“. Mit Christian IX bestieg 1863 sogar ein Glücksburger den dänischen Thron. Er gilt als der „Stammvater der Glücksburger Linie“, dessen Nachkommen übrigens bis heute das Dänische Königshaus stellen.

„Wiege des Europäischen Adels“ und einfach ein traumhaftes Ausflugsziel: Schloss Glücksburg.

Schloss Glücksburg war Stammsitz des Hauses Glücksburg und einige Jahre auch Sommerresidenz des dänischen Königs, unter anderem von Friedrich VII, der sich bei einem seiner Aufenthalte bei einem Festgelage im Flensburger Gasthaus Borgerforeningen so sehr überfressen haben soll, dass er kurz danach starb.

Dass der dänische König lange Zeit in Personalunion auch Herzog von Schleswig und Holstein war, trägt in der gemeinsamen Geschichte auch nicht gerade zu mehr Klarheit bei. Dieses Kapitel der schleswig-holsteinischen Geschichte sorgt bis heute nicht nur bei Schüler*innen im Geschichtsunterricht für qualmende Köpfe.

Von Flensburg aus ist Dänemark nur ein paar Paddelschläge entfernt – wie hier die Shelter im Kollund Wald..

Nur eine kleine Holzbrücke: Der Grenzübergang Schusterkate nahe Flensburg ist einer der kleinsten Europas.

Dass das deutsch-dänische Zusammenleben heute überwiegend friedlich verläuft, verdanken wir übrigens unter anderem H. P. Hansen. Der dänische Nordschleswiger setzt sich 1918 für eine demokratische Abstimmung zum Grenzverlauf zwischen Deutschland und Dänemark ein. Erneut geht es darum, zu welcher „Seite“ der Landesteil Schleswig gehören soll. Keine zwei Jahre später ist es soweit: Das Tauziehen beginnt. Beide Seiten stürzen sich in den Abstimmungskampf. Eine der großen Abstimmungsdemonstrationen findet am 13. März 1920 in Flensburg statt – vorbei am Nordertor – inklusive Musikkapelle, Sprechchören und vielen schwarz-weiß-roten und blau-weiß-roten Flaggen in der überwiegend deutsch geprägten Fördestadt. Wo ich wohl mein Kreuz gesetzt hätte?

Wie hätte ich gestimmt? Mit der dänischen Flagge wäre ich am Nordertor jedenfalls in der Unterzahl gewesen.

Am Ende entscheidet sich die Mehrheit in Nordschleswig für Dänemark, während sich die Südschleswiger mehrheitlich für Deutschland entscheiden. Die Grenze wird dazwischen gezogen und ist bis heute gültig.

Etliche Spuren der deutsch-dänischen Geschichte lassen sich übrigens auch bei einem Besuch in Kiel entdecken. Unter dem Titel „KulturSpuren Dänemark“ bietet die Landeshauptstadt sogar einen elf Kilometer langen Spaziergang. Auf der Route vom Parkfriedhof Eichhof an der Grenze zu Kronshagen über das Düsternbrooker Gehölzes in die Innenstadt bis zum Südfriedhof liegen elf Stationen, die zu deutsch-dänischen Entdeckungen einladen.

Wenn ihr gern längere Wanderungen plant, ist der Gendarmstien genau das Richtige für das historische Feeling im Grenzland. Auf diesem Weg, der als „Europäischer Qualitätswanderweg“ rund 74 Kilometer von Padborg nach Høruphav führt, haben einst die dänischen Grenzgendarmen ihre Patrouillengänge absolviert. Außerdem gehört er zu den schönsten Wanderwegen in der Region. Zu meinen persönlichen Highlights zählen der Abschnitt vorbei am Fuße der Düppeler Schanzen und die großartigen Blicke auf die Flensburger Förde. 

Wo früher die dänischen Grenzer Patrouille gegangen sind, verläuft heute ein wunderschöner Wanderweg.

Und hier noch ein paar spannende Links für Geschichtsentdecker*innen:

Imke

Moin, mit Jahrgang 1972 bin ich die „Seniorin“ in der Neuen Etage und fühle mich in dieser besonderen WG pudelwohl. Geboren in Bad Oeynhausen (Nordrhein-Westfalen) habe ich mich schon während meines Zeitungsvolontariats in den Norden verliebt. Nach ein paar Umwegen über Köln, Bamberg, Bayreuth und Oldenburg (Nds.) bin ich 2014 samt Mann und Hund (wieder) in Schleswig-Holstein angekommen. Inzwischen leben wir in Harrislee, einer Gemeinde direkt an der dänischen Grenze und nur einen Katzensprung von Flensburg entfernt. Wenn ich nicht am Schreibtisch sitze, gehe ich am liebsten direkt vor der Haustür zu Fuß auf Entdeckungstouren oder powere mich im Kajak auf der Förde aus.

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