Ich stand von meinem Badelaken auf und begann zu sammeln. Nach wenigen Minuten hatte ich die Hände voll und war doch nur ein kleines Stück vom Strand abgelaufen. Eher zufällig habe ich so angefangen beim Strandbesuch Müll zu sammeln. Seitdem sehe ich an jedem Strand, den ich besuche, Müll herumliegen und sammle ihn, so gut es geht, ein. Der Müll ist überall.
Sowohl auf einer Insel mitten im Meer, als auch an unseren Ost- und Nordseestränden in Schleswig-Holstein. Und damit verdient das Thema auch eine globale wie regionale Aufmerksamkeit. Um die Problematik einmal im Jahr in den Focus zu rücken, gibt es seit mehr als dreißig Jahren den „International Coastal Cleanup Day“, der ursprünglich von der Umweltorganisation Ocean Conservancy initiiert wurde, um Menschen dazu zu motivieren in ihrer Region aktiv gegen Müll an den Stränden vorzugehen. In den vergangenen Jahren wurden so weltweit knapp eine Million Freiwillige an den Küsten aktiv, um den Müll von den Stränden zu entfernen.
Was diesen Tag so besonders macht und was passiert, wenn der Müll nicht gesammelt wird, das hat mir Nils Möllmann vom NABU erklärt. Der Verband begleitet den Aktionstag seit mehreren Jahren mit Aktionen und unterstützt Müllsammler*innen bei sich zu vernetzen und aktiv zu werden. Und da kam im letzten Jahr einiges zusammen:
Bei einer NABU Aktion im vergangenen Jahr haben sich die Freiwilligen bei einem Treffen lediglich auf einen Abschnitt von 60 Metern links und rechts von einer Seebrücke konzentriert und dort insbesondere nach Zigarettenstummeln gesucht. „Allein auf diesem kleinen Stück haben sie mehr als 3000 Zigarettenkippen gefunden“ berichtet mir Herr Möllmann. Hinzu kommen oft To-Go-Becher, andere Plastikverpackungen und Folienstücke. Angespült werden dann noch Reste von Eimern und anderen Plastikteilen, die irgendwo irgendwann mal über Bord gegangen sind, wie Stücke von Tauwerk, Fischernetzen und Styropor.
Kaum ein Strand ist frei davon.
Was passieren würde, wenn dieser Abfall im und am Meer verbleibt, erklärt mir Nils Möllmann: In den größeren Plastikteilen, wie Folien oder Fischernetzen verstricken oder strangulieren sich viele Meerestiere – oder sie halten das Plastik für Nahrung und fressen dieses. Es lässt sich nicht verdauen und verbleibt im Magen. Die Tiere haben dadurch kein Hungergefühl mehr und verenden daran, dass sie langsam verhungern. „Wissenschaftler haben im vergangenen Jahr vor Rügen einen Dorsch gefangen, der eine komplette Pralinenpackung mit Folie drumherum im Magen hatte“ erzählt er mir. Und das ist nur ein Beispiel von vielen. Hinzukommt, dass „der Müll durch die Reibung am Sand, durch UV-Strahlen, Frost und Salz mit der Zeit immer kleiner gerieben und so zu so genanntem sekundären Mikroplastik wird“ erklärt er mir. „Das bekommt man dann nicht mehr aus dem Meer“. Denn Filteranlagen, die es herausfiltern könnten, würden gleichzeitig auch Kleinstlebewesen, wie Plankton, aus dem Meer filtern und damit das ökologische Gleichgewicht zerstören. „Und so wird mit jedem großen Stück Plastik, was wir am Strand einsammeln, ein Haufen Mikroplastik verhindert“, sagt er mir.
Um das vielfach abzuwenden, sind auch für den kommenden Samstag einige Aktionen geplant, bei denen an den Stränden Müll gesammelt werden soll. Mitmachen kann jeder. Ob alleine, mit Freunden oder in einer organisierten Gruppe. Die Ergebnisse werden anschließend dokumentiert und vom NABU zusammengestellt. Beim Sammeln sollte darauf geachtet werden, Handschuhe zu tragen, um sich nicht an scharfen Gegenständen zu verletzten. Ein Starterset hierfür stellt der NABU freiwilligen Sammlern auf Anfrage zur Verfügung. Was es ansonsten noch zu beachten gilt, das könnt ihr hier nachlesen.
Wo gezielte Gruppenaktionen stattfinden, lässt sich auf gewaesserretter.de nachlesen oder in der dazugehörigen App. Dort können auch Müllfunde dokumentiert werden. Was im letzten Jahr allein bei Aktionen des NABU zusammenkam, könnt ihr hier nachlesen.
Doch auch über diesen Tag hinaus, lässt sich einiges tun, um dem Müllwahnsinn entgegen zutreten. „Das fängt dabei an den Kram, den man mitbringt, einfach wieder mitzunehmen.“ erklärt er mir. Darüber hinaus ist der NABU bemüht an touristischen Stränden Mehrweg-Konzepte mit der lokalen Gastronomie zu erarbeiten. Mit der Aktion „Mehrweg für’s Meer“ wurde auf Fehmarn bereits ein Pilotprojekt mit Vorbildcharakter ins Leben gerufen.
Projekte wie dieses zeigen, dass es möglich ist die Nutzung von Einwegplastik einzudämmen. Bis sich diese Konzepte flächendeckend durchsetzen, ist aber noch einiges an Engagement nötig. Das fängt damit an, dass ihr bei euren lokalen Händlern nachfragt und somit euer Interesse an Mehrweg-Lösungen zeigt und reicht bis zu politischen Entscheidungen gegen die
Nutzung von Plastik, wie sie aktuell in Bezug auf Trinkhalme und andere Einwegartikel diskutiert werden.
Bis es es soweit ist, kann jeder einzelne im kleinen Rahmen aktiv sein und bleiben und – zum Beispiel – am kommenden Wochenende einen Spaziergang am Strand machen und Müll sammeln.