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Genussrechte und Zinsen zum Aufessen

  • 3. Oktober 2021
  • Von Imke
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Genussrechte und Zinsen zum Aufessen

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Irgendwie hatte ich in den vergangenen Monaten beruflich immer mal wieder mit Landwirtschaft zu tun. Fremd ist mir das Thema nicht. Immerhin habe ich einige Jahre in einer Landwirtschaftskammer gearbeitet. Aber das ist schon ganz schön lange her. Ich hab` schnell gemerkt: Seitdem hat sich einiges getan. Ich bin begeistert, was für Ideen  Landwirte von heute haben – und wie sie sie umsetzen. Ein Modell möchte ich euch heute vorstellen: Genussrechte.

Genussrechte sind sowas wie Aktien, aber irgendwie auch nicht. Ein bisschen haben sie mich erst auch an Crowdfounding erinnert, aber das passt auch nicht richtig. Genussrechte sind ein Finanzierungsmodell, bei dem Konsument*innen die Umsetzung konkreter neuer Projekte oder allgemein das Hofwachstum mitfinanzieren – als Anlage sozusagen.

Familie Sierck von Hof Fuhlreit in Kropp bei Rendsburg, hat dieses Modell genutzt, um sich breiter aufzustellen und – neben Milchviehhaltung und der hauseigenen Meierei – in die Legehennenhaltung einzusteigen. Und zwar mit Mobilställen.

Inzwischen steht der erste Mobilstall auf einem der Felder rund um den Hof. Acht Hähne und „ihre“ Hühner ziehen mit ihm in regelmäßigen Abständen einen Feldabschnitt weiter. So haben sie immer frisches Futter, ihr Zuhause immer in der Nähe, und die Nitrateinträge durch den Hühnerkot verteilen sich über eine große Fläche.

Ich darf mir ihr „Wohnmobil“ aus der Nähe ansehen. Hühner sind unglaublich neugierig. Nach ein paar Minuten kommen die ersten an und picken mich an. Ist das der Test, ob ich genießbar bin? Wirkt auf mich eher wie ein freundliches Kennenlernen. Auf jeden Fall ist es Entschleunigung pur, in einer Gruppe gackernder und springender Hühner zu hocken. Ja, sie springen tatsächlich hoch, wenn da oben die noch verlockenderen grünen Blätter hängen…

Aber zurück zum Thema Genussrechte. Den Großteil der Investitionen für dieses Projekt – 250.000 Euro – hat Familie Sierck über eben solche Genussrechte von ihren Kunden bekommen. Wer mitgenießen wollte, musste mindestens 1.000, bei einem zweiten Modell mindestens 5.000 Euro anlegen. „Durchschnittlich waren es meist mehr“, erzählt Arne Sierck. Da das Modell in Schleswig-Holstein bisher noch nicht so bekannt war, haben die Medien viel berichtet. Die Folge: Die 250.000 Euro waren schon nach rund vier Wochen voll. Viele Stammkunden waren dabei, aber auch Touristen, die im Urlaub den Hofladen entdeckt und schätzen gelernt haben.

Wer Genussrechte zeichnet, finanziert so gute Ideen und das Wachstum „seines“ Landwirtes mit, macht ihn unabhängiger von Banken und bekommt einfach auch eine größere Nähe zu denjenigen, die die Lebensmittel erzeugen, die wir jeden Tag auf dem Teller haben.

Und lecker ist diese Form der Finanzierung auch noch, denn die Zinsen für die individuellen Einlagen kann jede*r sich wahlweise auch in Naturalien auszahlen lassen. Auf Hof Fuhlreit geht das in Form eines Warengutscheins für den Hofladen, in dem neben den Eiern von den freilaufenden Hühnern unter anderem die Milchprodukte aus der hauseigenen Molkerei und Fleisch vom Hof verkauft werden. Wer sich für diese Variante entscheidet, genießt außerdem noch besonders attraktive Zinssätze von bis zu sechs Prozent.

Die Ideen gehen Arne, seinen Brüdern und ihren Eltern noch lange nicht aus. Im November wollen sie auf ihren ersten Flächen einen Agroforst pflanzen – ein Modell, bei dem Bäume und Landwirtschaft kombiniert werden. Die Bäume auf landwirtschaftlichen Flächen können weidenden Tieren Schutz bieten, sind gut fürs Klima und können zum Beispiel später auch zur Wärmegewinnung genutzt werden.

Auch diese Idee sowie ein Ausbau der Gemeinschaftsräume für die Mitarbeiter*innen auf dem Hof will die Familie über Genussrechte finanzieren.

Infos zu aktuellen Genussrechte-Projekten: www.genussrechte.org

Imke

Moin, mit Jahrgang 1972 bin ich die „Seniorin“ in der Neuen Etage und fühle mich in dieser besonderen WG pudelwohl. Geboren in Bad Oeynhausen (Nordrhein-Westfalen) habe ich mich schon während meines Zeitungsvolontariats in den Norden verliebt. Nach ein paar Umwegen über Köln, Bamberg, Bayreuth und Oldenburg (Nds.) bin ich 2014 samt Mann und Hund (wieder) in Schleswig-Holstein angekommen. Inzwischen leben wir in Harrislee, einer Gemeinde direkt an der dänischen Grenze und nur einen Katzensprung von Flensburg entfernt. Wenn ich nicht am Schreibtisch sitze, gehe ich am liebsten direkt vor der Haustür zu Fuß auf Entdeckungstouren oder powere mich im Kajak auf der Förde aus.

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